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 Mit der Isetta läuft's rund.

Geschichte des BMW 600

Der BMW 600 war wie die Isetta ein Automobil seiner Zeit. Aus der Not geboren, sollte er in der Klasse der 600er mithalten können. Im Volksmund blieb er aber stets die „große Isetta“.

Der Grundstein für den BMW 600 wurde bereits 1952 gelegt. Das Konstruktionsteam um Fritz Fiedler hatte einen hübschen Kleinwagen mit 600 cm3 - Motor entwickelt, der aussah wie ein verkleinerter BMW 501 und der formale Ähnlichkeit mit dem Fiat Topolino hatte. Der luftgekühlte Motor saß vorn, angetrieben wurden die Hinterräder.

Aufgrund fehlender finanzieller Mittel wurde dieser Kleinwagen, der BMW 513 oder 331 heißen sollte, jedoch nie in Serie gebaut, und die Pläne wanderten in die Altablage. Der Motor dieses Fahrzeuges war ein auf Gebläsekühlung umgebauter R 51 - Motorradmotor mit einem gemeinsamen Vergaser für beide Zylinder.

Der Prototyp existiert noch. Nachdem er einige Jahrzehnte in einer schwedischen Sammlung überdauert hat, ist er jetzt im BMW-Museum München zu sehen.

Dort wird er allerdings BMW 531 genannt.

Als nächster Schritt wurde der Motorroller R 10 mit seitengesteuertem Einzylinder-Viertaktmotor entwickelt. Auch er ging nicht in Serie. Auf den Markt gebracht wurde schließlich 1955 die Isetta, eine BMW-Lizenz der ISO-Isetta aus Italien.

Das Geschäft mit der Isetta begann rasant, doch am Horizont war schon abzusehen, dass die Lücke im Modellprogramm sich bei BMW negativ auswirken würde. Die Diskrepanz zwischen dem Einsteigermodell Isetta und den großen V8-Limousinen war einfach zu groß. Die folgende Übersicht zeigt, wie klein BMWs Anteil am Markt der großen Limousinen in den Jahren 1955 und 1956 war:

Kein Wunder bei diesen Preisen, die sich Mitte der fünfziger Jahre nur eine elitäre Minderheit der Bevölkerung leisten konnte:

An dieser Preisliste ist übrigens bemerkenswert, dass in ihr der Typ 505 auftaucht, der als „Kanzlerwagen“ in Konkurrenz zum „Adenauer-Mercedes“ 300 konzipiert war, aber nicht in die Serienfertigung ging.

Die Isetta war zu den „Mobilen“ zu zählen, der BMW 502 gehörte zur automobilen Oberklasse. Was fehlte, war ein richtiger Kleinwagen, ein Fahrzeug, von dem die mittlerweile anspruchsvolleren Isetta-Fahrer aufsteigen konnten. Die Definition für einen Kleinwagen lautete zur damaligen Zeit darum so:

Vier Sitze, geringe Unterhaltungskosten, verkehrstüchtig auch auf Autobahnen, mehr Fahrkomfort als in den Mobilen.

1956 stellte sich die langsam heranreifende 600er Klasse als eine Fahrzeugkategorie dar, die sich längerfristig auf dem Markt würde halten können.

So begann man mit der Entwicklung eines solchen Kleinwagens, aus dem der BMW 600 entstehen sollte. Kalkulatorische Gründe verhinderten erneut die Entstehung eines von Grund auf neuen Wagens. Einsparungen versprach die Verwendung von möglichst vielen Isettateilen.

Hinzu kam, dass die Isettalinie eingeführt war und man auch von daher sicher sein konnte, Käuferkreise anzusprechen, denn BMW ging es immer noch schlecht. Also ging man bei BMW einen Kompromiss ein. Möglichst viele Isettateile, aber trotzdem eine solide BMW-Entwicklung. Der erste Prototyp des BMW 600 wurde aus einer Isetta gefertigt.

In Höhe des hinteren Klappverdeck-Endes wurde die Isetta getrennt, der Rahmen wurde verlängert und ein Heckteil angepasst. Dieses Fahrzeug besaß nur eine Fronttür, der Zugang zu den hinteren Sitzen erfolgte durch Umklappen des rechten vorderen Sitzes.

Verwendung fand in diesem Prototyp die 300 cm3 Isettamaschine, mit der das Auto allerdings völlig untermotorisiert war. Aber es existierten ja noch die 600er-Schubladenpläne, und so wurde der 600 cm3 Zweizylinder-Boxermotor aus dem Motorrad verwendet. Dieser Motor leistete in seiner originalen R 60 - Version 28 PS. Umgerüstet auf eine elektrische Dynastartanlage und Gebläsekühlung, versehen mit einem anderen Auspuff und einem Einzelvergaser drosselte man ihn auf 19,5 PS. Damit lag man unterhalb der Versicherungsklassengrenze von 20 PS und erfüllte somit eine der Forderungen nach Wirtschaftlichkeit, erreichte aber dennoch eine Dauerhöchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Bei Probefahrten stellte man jedoch Unzulänglichkeiten am Gesamtmodell fest und so konstruierte man glücklicherweise um.

Die Isettatür wurde durch eine neue Konstruktion mit Teleskoplenksäule ersetzt, anstelle des dreieckigen Armaturenhalters entschied man sich für ein breites Armaturenbrett …

… das ursprünglich sogar ein mittig angeordnetes Handschuhfach erhalten sollte, wie dieses Bild zeigt:

Nach Einbau einer rechten Tür und Veränderung der Frontpartie nach Design von Michelotti entstand der uns heute bekannte BMW 600, eines der wenigen Autos auf der Welt, dessen linke Seite anders ist als die rechte.

Immer wieder einmal tauchen Fotos auf von einem BMW 600, der das Kennzeichen M-HX 143 trug. Dieses Fahrzeug ist ein Vorserienmodell, erkennbar an den aufgesetzten Rückleuchten.

Die folgende Zeichnung zeigt die Vorserienvariante des BMW 600 - Triebwerks, erkennbar an den beiden nach unten führenden Röhrchen für die Ansaugluftvorwärmung und am rechts liegenden, runden Auspufftopf …

… den auch das auf der IAA 1957 ausgestellte Vorserienexemplar aufwies:

Es gab verschiedene andere Studien des BMW 600, auch ohne Fronttür, dafür mit „Schnauze“, die jedoch nicht realisiert wurden. An diesen Styling-Studien beteiligte sich auch der Designer Albrecht Graf Goertz, der den hinreißenden Roadster BMW 507 gestaltet hatte. So sah sein Vorschlag für den BMW 600 aus:

 

1957 wurde der BMW 600 auf der Internationalen Automobilausstellung vorgestellt.

Wie schon bei der Isetta wurde auch dieses Auto von der Presse äußerst positiv begrüßt und musste sich sofort in Vergleichstests gegen die anderen Fahrzeuge der 600er Klasse bewähren.

Besonders hervorgehoben wurde das trotz seiner Zweckformkarosserie gelungene, unverwechselbare Styling des Autos. Trotzdem oder gerade deshalb wurde der BMW 600 kein kommerzieller Erfolg. Er wich zu stark vom üblichen Autobild ab und wurde trotz seiner offensichtlichen Vorteile - gute Raumausnutzung, gutes Fahrverhalten und bescheidener Verbrauch - vom Publikum nicht akzeptiert. Eine Rolle mag freilich auch gespielt haben, dass die Frontlenkerbauweise bei Kollisionen nur ungenügenden Schutz bot. Auch der Export, vor allem in die USA, brachte nicht den erhofften Erfolg.

So wurde der BMW 600 schon nach nur zweijähriger Bauzeit, aber immerhin knapp 35.000 Exemplaren Ende 1959 durch den BMW 700 abgelöst. Sehr viel später griffen die Automobilfirmen das Fahrzeugkonzept des „Vans“ durch Automobile wie den Mitsubishi Space Wagon oder den Renault Espace wieder auf.

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